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Kritiken (1 980)

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Nevinnost (2011) 

Deutsch Ein weiterer provinzieller Versuch ein komplexes psychologisches Familiendrama anzulegen, welches stellenweise ziemlich weltenbummlerisch aussieht, jedoch dieser Eindruck beschränkt sich auf eine ziemlich gut gestaltete Oberfläche. Es überrascht mich immer wieder, mit wie vielen erzählerischen Mitteln Hřebejk und Jarchovský in der Lage sind, Geschichten zu produzieren, die derart lau, steril und regelrecht geschlechtslos sind, sofern es um Dringlichkeit und Meinung geht. Sollte ich rühren an dem, dass der tschechische Film Innocence nicht vollends peinlich ist, denn die Schauspieler sind gut und es werden moderne Tools des Geschichtenerzählens verwendet? Umso dringt die kreative Hilflosigkeit, Undeutlichkeit sowie eine Absenz von fesselndem Rhythmus. Um Gottes willen, wann wird denn bei uns endlich etwas gedreht wird, was zumindest einem durchschnittlichen skandinavischen Drama über pathologische Phänomene in der Gesellschaft konkurrieren konnte?

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Kommissar Wallander (2008) (Serie) 

Deutsch 1. Serie: Die Episoden von Die falsche Fährte und Mittsommermord  sind vorbildlich. Das Detektiv-Genre wirkt hier als eine Art Kitt des psychologischen Dramas über einen innerlich zerfallenden Detektiv, zerrissenen persönliche Bindungen zwischen Polizisten sowie den sozialen Skandalen des heutigen Schwedens. Wir können gerne über eine Parallele zu Larssons unendlich überbewertetem "Millennium" sprechen, denn der Rahmen, die Atmosphäre und sowie der Ansatz sind ähnlich. Philip Martins brillante Regie baut auf eine brillante Art und Weise Elemente nordischer Dramen, welche durch die Platzierung von Charakteren in der Umgebung depersonifiziert sind, es gibt Abschweifer in Form launischer lyrischer Aufnahmen und der Zuschauer wird oftmals hinter eine Glasscheibe gesetzt, von den Charakteren quasi wegisoliert. Kalte und dennoch nachdenkliche Arbeit, welche dieser gesamten Serie eine völlig eigentümliche Atmosphäre verleiht. Branagh ist hier atemberaubend und meistert mit Bravur sämtliche verschiedenen Lagen an Traurigkeit und Ruin, die Wallander durchläuft. Der mittlere Teil von Die Brandmauer ist etwas außerhalb des Konzepts geraten, es ist eine eher klassische, überspitzte Handlung, bis hin zu einem leicht dürren Verschwörungsthriller mit Elementen aus eines nur allzu uncharakteristischen Melodramas über eine Femme Fatale. Mit Sicherheit ist dies nicht der Weg, den Wallander einschlagen sollte. Insgesamt: Die Serie ist zu 100% stilistisch mit meinem Geschmack kompatibel. Ein existenzieller Krimi-Thriller für Kenner, die auf den Norden abfahren. Serie 2 Hierin sehe ich keine einzige Schwäche und bin lediglich gezwungen hervorzuheben, wie Wallander gegen billige politische Korrektheit vorgeht, sei es in der Folge Mörder ohne Gesicht (Einwanderungs- und Rassismusthema) oder in der absolut famosen Folge Der Mann, der lächelte (ausbeuterisches Mitgefühl mit den Ländern der Dritten Welt). Wallanders psychischer Konflikt vertieft sich bis zu einer völligen Ausrenkung von der Welt - Die fünfte Frau ist sodann ein elegantes Abschluss des dramatischen Bogens und eine Art partielle Katharsis des depressisonzerrissenen "Job of Ystad". Es bedarf einer weiteren Serie - gemeinsam mit Sherlock ist dies eine der besten Detektivserien, die ich je gesehen habe.

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The King's Speech - Die Rede des Königs (2010) 

Deutsch Ein kultiviertes logopädisches Drama über die Macht der Stimme und sowie den imaginären Status eines Königs. Ein wunderschönes baziertes Spiel aus statischen Halbedetails, manieristischen Texturen und noblem Interieur, wobei alle dem wiederum die chaotischen Tapeten des Dr. Logue stolz entgegenstreben, der versteht, dass der König ein König insbesondere dann ist, wenn seine Untertanen ihm das glauben. Und im Bezug auf die 30er Jahre kann ich insbesondere seiner Stimme Glauben schenken. Das Ganze ist eine derart typische Rocky-Schablone über einen Außenseiter, der an die Spitze geklettert ist, obwohl er ihm nie Glauben geschenkt hat. Trotz seiner sensibel stilisierenden Geschichtsdarstellung ist dies ein Äquivalent des hervorragenden Dramas Frost/Nixon. Ein Schauspielerisches Konzert, angefangen bei den gestressten Kreationen Colin Firths bis hin zum leichtfüßigen Ballett der Helen Bonham Carter. Vielleicht ist es übermäßig feingekünstelt, jedoch ich mag diese Frisur ... mehr als eine hübsche gelgeformte Fincherfrisurr.

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72 Stunden – The Next Three Days (2010) 

Deutsch Ein sehr aufregender ziviler Thriller mit einem Schluss, der zum Nachteil des Ganzen sämtliche moralischen Dilemmata und Zweifel beseitigt. Russell Crowe beginnt sich in den Rollen übergewichtiger intellektueller Gladiatoren wohl zu finden. Und es geht ihm definitiv besser von Hand als ansehnliche Banditen zu spielen. Insgesamt ist dies eine angenehme Überraschung, von welcher die Fans der "Flucht"-Filme eher eben nicht enttäuscht sein werden. Wenn es da denn nicht das offen heraus schematische Ende gäbe, würde ich gerne reine 4 Sterne vergeben, aber so weise ich darauf hin, dass bei einem die Zacken ein wenig abgebrochen sind.

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Black Swan (2010) 

Deutsch Obwohl Black Swan schein, aus demselben Teig geknetet worden als Wrestler zu sein, stimmt dies nur zur Hälfte. Ja, oberflächlich gesehen passt das - das Konzept ist eigentlich ähnlich, eine intime auf den Körper gerichtete Kamera, unbarmherzig Details, lange Kamerafahrten, Szenen der Verstümmelung im Namen eines törichten Verlangens (und wieder ist es ein Verlangen, das von brüllenden Menschenmassen ausgedrückt wird). Wir können jedoch nicht übersehen, dass Black Swan in einer wichtigen Hinsicht im Widerspruch zum Wrester steht. Während Wrestler ein Film war, in dem wir keine Einsicht in den Helden hinein erlangten und eine eine bis gar dokumentarische Aufzeichnung der allmählichen Vernichtung sahen, ist in Black Swan alles äußerlich, der Schmerz schreibt sich regelrecht auf die Horrorszenen nieder, die Psychosen der Heldin sind gar bis zum "Freudischen“ Extrem verstärkt und werde durch verschiedene Traumchimären hervorgehoben. Alles Innere findet zeitgleich außen statt und der Zuschauer ist somit in den Klauen eines unzuverlässigen Erzählers gefangen. Dort, wo die Realität endet und Ninas fantastische Projektion beginnt, ist es manchmal schwierig zu dechiffrieren. Einige Szenen sind gar verdächtig stark konventionell aufgebaut (man kann es in all diesen Horror-Erschreckungsszenen sowie erscheinungen erkennen) und ich konnte den Eindruck nicht loswerden, dass Aronofsky bei all der mutierenden Oberfläche entgeht, was im Wrestler nicht zu sehen war hat, obwohl man es physisch fühlen konnte - die intime Ebene von Schmerz "aus Verlangen", der zur letzten großartigen Geste einer Selbstzerstörung führt. Der Black Schwan mutet am Ende nahezu antik an, aber er hat mich bei weitem nicht so sehr gepackt wie Randys letzter "Ram-Jam". Alles hat hier deinen Platz (famose Kamera, eine vernichtende Natálka sowie eine großartige musikalische Begleitung), jedoch Ekstase stellte sich nicht ein. Ich denke, Aronofsky hat es in der Vergangenheit geschafft noch tiefer zu gelangen - auch ohne Requisiten.

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Agatha Christies Poirot - Mord im Orient-Express (2010) (Folge) 

Deutsch Eine nahezu geniale Adaption des Romans und außerdem eine großartige Aktualisierung der vielgesehenen Serie. Poirot wird hier ethisch gesehen ad absurdum geführt, von einer klassischen "Whodunit"-Detektivgeschichte zu einem stellenweise gar unerträglich intensiven Drama über Gerechtigkeit. Wenn es da nicht ein paar ekelhafte digitale Kaschierungen gegeben hätte, wäre dies ein meisterhafter Aufbau, der von Suchets der dunklen Seite der Macht gestützt wird, und eine eher unkonventionelle Instanz eines Gottes beinhaltet, der diesmal über der Macht der Rationalität des Detektivs triumphieren wird. Poirot war noch nie so verletzlich gegenüber dem, was er untersucht - und er ist noch nie so konsequent hilflos und besiegt dargelegt worden. Philip Martin hat eine brillante Arbeit abgeliefert und zweifelsohne den außergewöhnlichsten und andersartigsten Poirot-Film gedreht, die mich mit seiner Rohheit, Dunkelheit und dem Durchbrechen des soliden Rahmens einer traditionellen Detektivgeschichte persönlich volends gepackt hat.

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Rewers (2009) 

Deutsch Ein Film mit Noblesse über die Zeiten des Stalinismus sowie einige vergessenen Themen ... eine Art Retro-Noir-Film mit einer Sorello-Textur, die mich dank ihres präzisen Stils sowie der unetnwegten Kontrolle über die verwendeten Referenzen und Vorgehensweisen gepackt hat. Lediglich die Farblinie ist irgendwie daneben - filmtechnisch ist sie nicht sonderlich interessant und erweckt darüber hinaus einige Zweifel (kann man denn mit dem Stalinismus wirklich nur dank einer barmherzigen Lüge und einem auf Täuschung aufgebauten Mitgefühl beruht) Jedenfalls hat hier Lankosz einen Film gedreht, der mich in vielerlei Hinsicht daran erinnert, worum sich der tschechische Regisseur Jan Hřebejk im Bezug zur "dunklen" tschechischen Vergangenheit vergebens bemüht. Der polnische Filmemacher hat jedoch zweifellos mehr Talent und einen besseren Drehbuchautor. Die Kehrseite der Medaille ist ein ausgewogener Mix an Komödie, einer Noir-Krimigeschichte und einem Drama, von dem sich nichts abhebt - weder eine gewaltgeladene Botschaft noch abgestandener Humanismus oder eine aufdringliche Melancholie. Ein dank der Verwendung alter Techniken in einem überraschenden Kontext frischer und moderner Film, der im Kern unserem Protector ähnelt.

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Nói Albinói (2003) 

Deutsch Eine melancholische Geschichte über Missverständnissen, Ausgliederung und Revolte, die sich in einen steifen isländischen Kahlfrost in einem unerbittlichen Schluss verwandelt, der zuklappt wie ein Sargdeckel. Káris stärkstes Werk, minimalistisch, aber dennoch detailliert verziert (Texturen und Außenbereiche) und unauffällig aus einem lethargischen Umherirren durch die isländische Einsamkeit bis hin zu einer großen Tragödie hineigesteigert. Noi ist einer der emblematischen Charaktere des skandinavischen Films. Bis in die letzten Sekunden vermag man es kaum, etwas mit Sicherheit über ihn zu denken, ähnlich wie im Falle der exzentrischen Gruppe seiner Mitbürger. Zeitgleich wird hier klar umrissen, was für den Regisseur auch in anderen Filmen typisch ist: das Motiv eines mit dem System inkompatiblen Individuums, ein Protagonist, welcher Ideen nicht von der Realität zu unterscheiden vermag, und ein wundersames Liebespaar. Es fehlen hier vollends die Zuneigungen zu den obligatorischen Mantras der unabhängigen Filmemacherei, was Káris simple Sprache unnötigerweise mit falschen Posen verdirbt (besonders im Teil, wo es ums Ein gutes Herz geht). Nói Albinói ist eine komprimierte Version dessen, was ich am skandinavischen Kino liebe. Je verschlossener und frostiger alles hier ist, desto stärker wirkt es sich auf mich aus.

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127 Hours (2010) 

Deutsch Es kann eingewendet werden, dass 127 Hours keine große Überschneidungen hat und schlichtweg nur ein postmodern stilisiertes Zeugnis des Mutes sowie des Wunsches ablegt, zu überleben. Man kann hier auch einwenden, dass die unterschwellige Betonung der Schicksalshaftigkeit sowie einer wundersamen Vorahnung nach melodramatischem Kitsch riecht. Un beanstanden könnten wir da vielen, jedoch worauf es wirklich ankommt, ist Erfahrung. Schmerz, Hoffnungslosigkeit, Furcht sowie das hierüber triumphierende animalische Verlangen, zu fliehen und zu leben, koste es was es wolle. Und gerade rohe Erfahrungen hat 127 Hours bis zum Abwinken. Daher ist es ein außergewöhnlicher Film und eine der intensivsten Schmerzerfahrungen, die ich je in einem Kino erlebt habe (Gibson und seine biblische Exploatation sollten sich wirklich einmal anschauen, wie es "richtig" gemacht wird).

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Der Pate (1972) 

Deutsch Erst die Filmleinwand hat mir endlich die Größe dieses Juwels spüren lassen, welches mir auf dem eingegrenzten und verflachten Bereich des Fernsehbildschirms immer etwas ausschweifend und im Vergleich zu anderen Werken Coppolas tiefenlos vorkam. Das war natürlich ein Fehler. Der Pate ist ein außerordentlich robustes Epos, ein rein narrativer Film, dessen Monumentalität voller feiner Details und Szenen ist, die architektonisch präzise aufgebaut worden sind (die Art und Weise, wie der Regisseur die verschiedenen Erzählbausteine kombiniert, um die intensive Spannung zu verstärken, ist einzigartig). Wir können den Film nicht in Teilen konsumieren, denn unsere Aufmerksamkeit kann man gerade hierbei nicht einfach abschalten. Coppola ist intensiv, eine Szenen ergibt sich quasi logisch von der anderen (dieser verbindende Schnitt ist dabei kein Selbstzweck) und es ist faszinierend, die Transformationen der Charaktere zu verfolgen, bei denen es aussieht, als alterten Sie mit dem Film und würden sich innerlich radikal ändern. Der Pate stellt ein "Filmleben“ dar, ein radikales Manifest der fiktiven Zeit, das mit seiner Eingeklemmtheit und Kraft die aktuelle Zeit vollends zu kontrollieren vermag. Eine packende, kontemplative Erfahrung, welche wirklich der großen Leinwand bedarf.