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Kritiken (1 980)

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Die Eleganz der Madame Michel (2009) 

Deutsch Ein Film, der unheimlich oberflächlich sein muss, um die Illusion irgendeiner Art an intellektueller Revolte gegen die bürgerliche Leere aufrechtzuerhalten. Der Intellektuelle ist hier demnach derjenige, der schweigt, Bücher liest und manchmal Tolstois "Anna Karenina" zitiert (keine Philosophie, kein Husserl). Das Beste an Die Eleganz der Madame Michel ist die angenehme und lachende Form, die schauspielerischen Leistungen sowie das Wenige, was der Film in Hinweisen zu vermitteln vermag, nicht im nervig betroffenen Kommentar eines verwöhnten Bengels darüber, dem mal der Allerwerteste versohlt werden müsste. Dass dein Allerwerteste nicht veroshlt wird ist doch klar, denn ähnlich gestimmte Streifen bedürfen irgendeiner Tragödie, um sich eine Illusion des Schicksals zu bewahren. Na gut, aber kommt mir nicht mit dieser erzwungenen Rührung daher. Mona Achache hat Talent, aber Die Eleganz der Madame Michel ist eine solch schöne Simulation eines weisen Films. Es wirkt weder stachelig noch umfassend. Es ist schlicht und einfach ordentlich, voller Klischees und Weisheit, die auf den Punkt gebracht werden.

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Trennung (2007) 

Deutsch Wenn so viel Sorgfalt, wieviel hier der Misanszene gewidmet wird auch anderen Elementen der Erzählung entgegengebracht werden würde, wäre dies ein brillanter Film. Doch somit handelt es sich nur um ein amorphes Gulasch mit der Neurotikerin Juliette Binoche. Als ich sie mir ansah, konnte ich den Eindruck nicht loswerden, dass sie eine bewundernswerte Menge künstlerischer Mittel für eine solche Figur vergeudet hatte. Dies gilt für den gesamten Film von Gitai.

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Benda Bilili! (2010) 

Deutsch Das war aber deftig. Eine Art Garagendokumentarfilm über eine Gruppe behinderter kongolesischer Obdachloser, die von einem Land namens Europa geträumt haben und es in fünf Jahren mit ihrer energischen Straßenmusik erobert haben. Die Autoren sind vielleicht nicht die besten Dokumentarfilmer, jedoch die ungültige und schmutzige Form stimmt mit ihrem Inhalt fantastisch überein. Einige Momente sind regelrecht monumental und ohne Frage beeindruckender als sämtliche Million Dollar Babys der Dritten Welt. Hier geht es nicht um ein verpopeltes Gefühl, sondern um die Story von Menschen, die einen Traum und dabei auch noch viel Glück hatten. Vielleicht hat mich eine ähnliche Idylle noch nie derart gerührt, wie im Augenblick, als sich ein Haufen zerlumpter Onkels aus dem Ghetto über eine hausgebrannte CD freut und andauernd wiederholt: "Es ist wunderschön." Benda Bilili! Nimmt uns mit in den Himmel, ohne die Füße von der lehmigen Erde wegzuheben. Eines der Erlebnis des Jahres schlechthin - mitsamt Mehrwert in Form eines beengenden Gefühls, ob denn dieser moderne Traum nur ein gutes Ende haben kann.

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Du sollst nicht lieben (2009) 

Deutsch Ein Queer-Film, der in Anbetracht seines metrosexuellen Werbestil des zeitgenössischen Westens nicht ganz koscher ist. Im Gegenteil, es ist voller Schweiß, rohen Fleisches und Zusammenhalt. Ohne große Gesten, große Worte und überspitzte Gefühle. Was hier Zohar Strauss‘ Augen abliefern ist nahezu genial. Haim Tabakman hat hier einen Film gedrehte, der eine interessante Sonde in die orthodoxe jüdische Gemeinde darstellt und ein noch interessanteres Drama, welches sich "unterhalb der Oberfläche" abspielt. Wer das hier als einen "nichtssagenden“ Film bezeichnen würde, kann wohl noch nicht einmal unter die Mikweoberfläche blicken.

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The Tree (2010) 

Deutsch Harmonische Poesie, schlichte Symbolik und sowie ein packendes Drama über Verlust und Traurigkeit. Hervorragende Darbietungen von Charlotte Gainsbourgs und der jungen Morgana Davies, eine wunderbar "hin-und-herschwingende" Kamera, eine gefühlte musikalische Begleitung und trotz der scheinbaren Einfachheit auch ein Film, über den man lange nachdenken kann. So stelle ich mir irgendwie ein offenes und intelligentes Drama vor.

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Das Schmuckstück (2010) 

Deutsch Ich sage gleich offen heraus, dass ich diesen Film nicht so ganz verstanden habe. Hat das Ganze denn eine Parodie sein sollen, oder sind diese unglaublich bärtigen Agitationfilme über die weibliche Kraft sowie das goldene Zeitalter des Kapitalismus nur ein satirischer Schuss in die Dunkelheit? Keine Ahnung, jedenfalls ist es eine miese, wirklich miese Arbeit, flach, langweilig, schäbig und ohne Mumm. Wie ein ausgetrocknetes Flügelchen. Oder eine Keule? Nun, es bleibt uns nichts anderes übrig, als uns nostalgisch an die Zeiten zu erinnern, als französische Regisseure noch gewusst haben, dass Klassenschemata nix sind und es vor allem darum geht, Spaß zu haben.

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Das Fest (1998) 

Deutsch Ein unglaublich tief festgesetzter Filmschmutz, den hier Vinterberg im Gegensatz zu seinem Debüt dank einer puritanisch unangenehmen Form zu 100% gemeistert hat. Diese verstärkt nur noch die individuellen emotionalen Untertöne, welche in einer üblichen Filmsprache durch Stilisierung verloren gehen würden. Die Kamerabewegungen sowie der Schnitt in einigen Passagen erreichen eine unmenschliche Intensität (Michaels Streit mit seiner Frau, die brillante Passage im Sinne von "es wird wärmer, wärmer") - ganz zu schweigen vom bewährten Schauspielertrio Steen-Bo Larsen-Thomsen. Vinterberg nutzt das, was die größten Helden angedeutet haben, vollends aus: ein verheerendes Talent, um den Betrachter in den schmutzigen Schlamm zu ziehen und ihn mit der Gründlichkeit eines Flusspferds dort herumzuwälzen. Das Fest avanciert zeitgleich zu einer Feier der Unmittelbarkeit des Films, der Unnötigkeit einer Ästhetisierung sowie der Kraft, die vor Ort freigesetzt wird. Ein monströses skandinavisches Lendensteak.

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Hlava-ruce-srdce (2010) 

Deutsch Geschickt, nachdenklich fragmentarisch und verwirrend, manchmal recht lustig, jedoch die ganze Zeit über unheimlich kalt und mechanisch. Was auf der "entmenschlichten" Bühne des Theaters Divadlo Komedie klappt, wirkt in der jugendstilartigen sowie rustikalen Aufbereitung ziemlich steril. Und obwohl Viktorie Čermáková die Eleganz der Jugendstilplakate des tschechischen Malers Alfons Mucha ausstrahlt, ist sie schauspielerisch gesehen ungemein ausdrucksflach. Souveräne Meister wie Zach oder Finger wissen sich damit zu helfen, jedoch sie ist eine Art Schönheit in einer Rauchwolke hinter einem kühl anmutenden Schaufenster. Schade, ich schätze Jařabs Beitrag zur Filmemacherei immer noch. Das hier ist eben nur einfach nicht mehr so überzeugend und bissig wie auf dem Theaterbühnenparkett. P.S. Die so häufigen Vorwürfe, dass der Film überhaupt keinen Sinn ergibt, sind eher ein trauriger Beweis für derzeitige "Alphabetisierungsquote" des gegenwärtigen Publikums.

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De største helte (1996) 

Deutsch Ich mag Vinterberg, seinen umschweifenden Genre-Zauber und wie er beim Zuschauer die rosaroten Emotionsakkorde anklingen lässt. In dieser Geschichte verschmelzen alle mögliche Klischees, jedoch ich hatte keinen einzigen Augenblick das Gefühl, dass sie dem Regisseur aus den Händen geraten würde. Es ist ein nachdenkliches Spiel, keine wilde Fahrt ins Unbekannte. Ein aus den Wurzeln des sozialen Dramas hervorgegangenes Roadmovie, sensibel aufgelockert mit vielen angenehmen Genre-Zutaten. Und natürlich gesteuert von der sicheren Hand des Kapitäns und seiner traditionell abweichenden Besatzung.

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En folkefiende (2005) 

Deutsch Unüberschaubare Anpassung, sowohl formal gesehen (langweilig, hohl, unrhythmisch) als auch gedanklich (dies erinnert eher an hart eifrige Tagebucheinträge des Lesers als an eine wirklich fungierende Interpretation). Die Charaktere verlieren sich in einem hoffnungslosen und krampfhaft-breiigen Durcheinander von Dialogen, und als der Protagonist gegen Ende einige wichtige Ideen von Ibsen rezitieren möchte, klingt dies so sehr rhetorisch, lächerlich und dekontextualisiert, dass die gesamte Ernsthaftigkeit des Films hinweg ist. Es ist eben schwer, ein Drama über die Wahrheit dort zu suchen, wo der Held wie ein verrückter Hysteriker in einer perfiden Öko-Story vom Dorf anmutet.