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Kritiken (1 980)

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Abel (2010) 

Deutsch Lunas exzellentes Regiedebüt befasst sich mit einer nicht ganz üblichen Form des Ödipus-Komplexes - der Junge Abel nimmt die Position eines Vaters in einer verstörten Familie ein, da er nach seiner Abreise die Sprache (und damit seine Identität) verliert. Aus Angst vor einem weiteren Schock geht die Familie mit ihm auf dieses Spiel ein, selbst als der richtige Vater zurückkehrt. An Abel ist die Verbindung der komödienhaften (ein Junge, der vorgibt, ein Erwachsener zu sein, wirkt einfach lächerlich) und tragischen Elemente (ein echter Vater ist derart "impotent", dass sein liebevolles Kind ihn in dieser Rolle übertrifft). Lunas Film ist sehr sauber und ordentlich gedreht, die Kamera bahnt vor allem den Weg für die faszinierende Aufführung von Ruiz-Esparza, die Musik untermalt nur noch die unglückliche Atmosphäre der armen mexikanischen Peripherie. Was ich dennoch ein wenig vermisse, ist die größere Nähe des Erzählers sowie der Charaktere, als ob das Thema manchmal dominant wäre und Luna ein wenig in den Hintergrund träte (hauptsächlich wegen der ansehnliche Aufnahmen). Aber das ist schon eher eine Kleinigkeit, denn Abel ist ein kristallklarer Kandidat dafür, zum einem breiten Publikum empfohlen zu werden.

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Yumurta (2007) 

Deutsch Bei Bal - Honig geht es um Kindheit und väterliche Liebe, Süt - Milk verwandelt wiederum einen Jungen in einen Mann und es geht dabei um mütterliche Liebe. Yumurta - Ei behandelt wiederum das Heranreifen, den Verlust der Mutter sowie das Auffinden einer anderen Frau. An Kaplanoglus poetischem Stil hat sich da nichts geändert, ebenso wie am Schauspiel einer der Formen des Dichters Yusuf, der zwar nur minimal spricht, Gesten minimiert und höchstens eines der Elemente im stark dominanten Rahmen von Ekens statischer Kamera bildet. An Bal - Honig erinnert der Film mit seinen starken Gefühlen, die allerdings nur indirekt beschrieben werden und an Süt - Milk wiederum mit den Kulissen aus Yusufs Geburtsort Tire. Eine lange, nicht handlungsbezogene Poesie, bei der es ins Innigste der Gefühle geht und diese in solch feinen Nuancen abgebildet werden, so dass der übliche Zuschauer zweifelsohne wegfällt. Die gesamte Trilogie berauscht mit einem bebilderten Gedicht, das lediglich als Lyrik gelesen werden kann. Wir können diese Filme auch ohne einander betrachten, jedoch ihr Reiz besteht ja gerade in den Zusammenhängen - wenn der alternde Yusuf sein Gedichtbuch namens "Bal (Honig)" in der Hand hält, können Sie sich dank dem Wissen aller drei Filme auf eine ganze besondere vertikale Pilgerreise durch die faszinierende Welt von Semir Kaplanoglu begeben.

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Mad Circus - Eine Ballade von Liebe und Tod (2010) 

Deutsch Ein wildes Toben allerersten Ranges. Der Regisseur leidet offensichtlich an Traumata gemischt aus einem Zirkus mit jenen aus der modernen spanischen Geschichte. Der Film ist eine sehr blutige Therapie, in welcher berühmte Filmmonster, splitterleichte Pulp-Mädels, ein Zirkus, Straßentheater sowie ein Kabarett munter umeinanderschwirren und sich gruppireren. Das Ergebnis beruht auf solch unbeschreiblichen Grundlagen, die jeglicher Logik und Rationalität entbehren, dass Unterhaltung zur einzig relevanten Kategorie avanciert. Und das hat mir Mad Circus – Eine Ballade von Liebe und Tod gegeben, obgleich der Film zum Schluss (k)einen Sinn ergibt, und quasi aufhört, lustig zu sein. Jedenfalls ist ein Film voller Angst und Verabscheuung, voller übertriebenen Make-ups, verrückter Wendungen oder noch verrückterer Zusammenstöße. Es ist ein Film über die Liebe und Spanien - paradoxerweise hat er mich mit etwas angesprochen, was ich nicht anderweitig als eine allergische Reaktion auf die Normalisierungszeit beschreiben kann. Ich mag Iglesias‘ visuelle Elemente aus der gleichgeschalteten Gesellschaft der frühen 1970er Jahre, und obwohl ich über keine tiefergehenderen Kenntnisse der spanischen offiziellen Kultur dafür verfüge, kam es mir vor, als habe der Mad Circus – Eine Ballade von Liebe und Tod etwas enorm reinigendes an sich, selbst für Wesen, die aus dem kommunistischen Grau heraus geboren wurden. Jedenfalls musste der Gewinn der Goldenen Löwen durch eine Pumpgun in Quentin Tarantinos bedingt werden, für welchen dieser Film so etwas wie ein Blutsbruder ist.

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Süt - Milk (2008) 

Deutsch Der zweite Teil dieser Biographie des Dichters Yusuf dreht sich diesmal um das Motiv Milch. Bei Bal - Honig ging es um die Beziehung zum Vater, Süt - Milk umschreibt (oftmals symbolisch) die Beziehung zwischen einem Sohn und seiner Mutter. Orthodox statische Kamera, ausgesprochen marginale Dialoge und feine Symbolsprache. Kaplanoglu ermutigt den Betrachter, den Film vor allem emotional wahrzunehmen. Die Emotionalität von Süt - Milk beruht wiederum auf magischen visuellen Aspekten (obwohl im Gegensatz zu Bal - Honig diese bereits teilweise urbanen Charakter haben) und wiederum auf vollends unmittelbaren nicht-schauspielerischen Performances. 102 Minuten Poesie, Poesie, die Yusuf in Worten festhält und der Regisseur wiederum bebildert vermittelt. Eine so klare und langsame Filmsprache ist heute bereits eher eine Ausnahme. Nichtsdestotrotz schmeckte mir die türkische Meditation bei Bal - Honig noch etwas mehr.

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Sebbe (2010) 

Deutsch Es handelt sich hierbei um ein fanastisch gefilmtes soziales Drama, welchem die sprichwörtliche Kette herunterfällt, insbesondere wenn der Regisseur nach Spezialeffekten greift und so die magisch enge Bindung zwischen den Charakteren sowie der großartigen Kamera von Simon Pramsten unterbricht. Nichtsdestotrotz ist das Bild des sozialen Millieus der untersten Göteborger Gesellschaftschicht jedoch schmerzlich authentisch und detailliert, was die atemberaubende Leistung von Sebastian Hiort af Ornäs nur hervorhebt, welcher die von niemandem gewollte Kreatur mit unglaublicher Begabung beschreibt. Babak Najafí ist zweifelsohne ein großes Talent, dieses doch so reine nordische Genre ist ein klares Beispiel dafür. Starke ****.

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Harry Brown (2009) 

Deutsch Über Elite Squad sagt man allgemein, es sei ein faschistischer Film, wobei im Falle des ideel recht ähnlichen Harry Brown niemand so etwas sagen wird, denn in der Hauptrolle sehen wir hier einen netten Rentner mit dem Gesicht seines geliebten Michael Caine. Ansonsten ähneln sich die Filme in etlichen Dingen - in der Darstellung der kriminellen Unterschicht als primitivem Stamm, im Bereitstellen einer simplen Lösung sowie in einer bestimmten eindeutigen Sichtweise der Welt (fairer Marine vs. miese Kerle unterster Kanone). Das ganze hat mir bei Padilha, selbst bei Barber nichts ausgemacht, und ich mache mir da keine Illusionen, dass es in ausgewählten englischen Siedlungen viel besser aussieht. Ansonsten hat mich Harry Brown nicht allzu sehr angesprochen, der soziale Ton ist eher unglaubwürdig (schien mir zu sehr vorarrangiert), Barber hat aus Caine keinerlei faszinierende Leistung herausgeholt und das Drehbuch ist außerdem ziemlich klischeehaft, obwohl es bemüht ist, dies mit dem Realismus der Umwelt zu verschleiern ... Insgesamt habe ich irgendwie nicht verstanden, was das eigentlich hat sein sollen - ein soziales Drama oder ein nicht traditioneller Thriller? Eastwood hat das ganze eine Schippe überzeugender gemacht, obwohl mir einige Szenen aus Barbers Film ziemlich unter die Haut gingen. Aber nicht allzu tief.

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Sucker Punch (2011) 

Deutsch Pubertärer Einer flog über das Kuckucksnest in Roboter-Ninja-Unterröcken. Ein saudummer Ballerfilm mit einer Bande affektierter Tussies in Strapsen, die in einem billigen amerikanischen Porno spielen, eingerahmt von einer Art pseudo-spirituellem Geschwätz über die Macht des Menschen. Was mich wirklich enttäuscht hat, war die Tatsache, dass Zacks visuelle Montagen zwar bombastisch sind, aber sie schweifen vollkommen am Ziel vorbei - ich weiß nicht, ob das an ihrer Unoriginalität oder ihrem schrecklicher Selbstzweck liegt, jedoch Sucker Punch kam mir wie eine verzogener Mischmasch vor, der mit dem Übermaß an Effekten die völlige Abwesenheit der Seele maskiert. Es bestätigt sich eben nur, dass Snyder ein ausgezeichneter Clipmaker ist (obwohl Sucker Punch in dieser Hinsicht immer noch hinter dem Rest seines Schaffens hinterherhinkt) und dass er die Schauspieler sehr wohlwollend leitet - und solange solides Material vor der Kamera hat, merkt man das ja auch noch nicht einmal so sehr, aber sobald wiederbelebte pubertäre Phantasmagorismen zur Sprache kommen, ist das Ergebnis katastrophal. Einen Vorteil hat dieses magmatische Zeugs ja - die Watchmen - Die Wächter kommen mir danach wie ein noch größeres Wunder vor. Doch damit war es das (und ich verfluche mich jetzt in Gedanken, dass ich den 300 eine so niedrige Bewertung gegeben habe - so wenig ...). P.S. Der unzuverlässige Erzähler ist noch nie so unzuverlässig gewesen wie in diesem Film (wodurch er all seinen Kredit und Wirkung verliert).

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Watchmen - Die Wächter (2009) 

Deutsch Die größte Überraschung der vergangenen Jahre. Ich mag Snyder eigentlich gar nicht so sehr (300 bestätigen) und ich kenne die Comics ja auch nicht, also schien es mir, als sei angerichtet für eine erstklassige Frontalkollision. Jedoch nachdem ich drei Stunden und fünfunddreißig Minuten in der Watchmenwelt verbracht habe, bin ich nur verblüfft. Hut ab davor, welche Erzählstruktur hier Snyder gewählt hat, wie er die reiche Mythologie einem einfachen Handlungsstrang vorgezogen hat, Hut ab vor der Tiefgründigkeit einzelner Charaktere, Hut ab vor der vollends genialen Komposition (Hollis‘ letztes Duell, in welchem die berühmten Schicksalsschläge seines Lebens projiziert werden, Rorschachs Verwandlung in eine Maske im Versteck eines Pädophilen), Hut ab vor, wie es Snyder gelungen ist, den meines Erachtens unverdaulichen Fetischismus und Effektgeladenheit in etwas unglaublich kohärentes und ästhetisch ausgefeilter Ganzes verwandelt hat (die Titelsequenz rennt alles in Grund und Boden), Hut ab vor der Eingliederung des puren Komödieneinschubs namens "Black Freighter", wobei dies phantastisch mit der Gesamtstimmung des Films korelliert... Hut ab, obwohl es im Film auch ein paar unnötige Aufnahmen gibt, ein paar Inkongruenzen und unnötige Vorgehensonanien. Hut ab vor dem Film den ich neben Nolans Batmans zu den drei besten Comics-Filmen zähle, die je auf die Leinwand gekommen sind. Ich weiß noch nicht einmal, ob ich traurig sein soll, dass ich das hier nicht im Kino gesehen habe, denn diese knappen 4 Stunden vor dem Fernseher waren nahezu eine spirituelle Erfahrung und pure Ekstase aus der postmodernen Mythologie ...

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Ohne Limit (2011) 

Deutsch Unglaublich erfinderische und technisch aufgemotzte Kamera (diese nahtlosen Vertigo "Fälle“ durch die Stadt stellen nach Enter The Void den größten Leckerbissen dar), ein exzellenter Bradley Cooper, welcher die Breite seines schauspielerischen Portfolios aufzeigt, sowie eine sehr interessante Prämisse über eine Droge, die zeigt, womit sie das versteckte Potentiell Ihres Gehirns erschließen. Also ist´s der Thriller des Jahres? Leider nicht. Das Drehbuch ist nämlich nur so lange interessant, bis sich die einleitende Szene mit einer retrospektiven Erzählung verknüpft, und seit diesem zieht sich das ganze in die Länge, ist langweilig und entbehrt jeglicher "dunklen Seite der Macht". Wenn denn hinter der faden Aufschlüsselung das Logo irgendeines Pharmaunternehmens mit dem Slogan "Wer nicht aufputscht, hat keinen Drive" erscheinen würde, wunderte ich mich gar nicht. Leider untergräbt das Ende die gesamte Partie und erklärt auch, warum Ohne Limit niemals aus dem Kreis zu treten vermag und nicht wirklich packend sein kann. Der Film ist furchtbar zubereitet, und anstelle sich im Fleisch festzubeißen, bricht er vieles mit drehbuchmäßigen Ausweichschritten hin zu problemlosen Enden ab. Ich habe den Film genossen, keine Frage, jedoch in dieser Form ist er eines von vielen ... Trotz der Tatsache, dass Burger zweifelsohne ein sehr geschickter Handwerker ist. [65%]

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Elite Squad 2 (2010) 

Deutsch Leider vermischt sich hier Padilhas radikale Systemkritik sofort mit Faschismus und anderen unangenehmen Ismen. Elite Squad - Im Sumpf der Korruption ist genau diejenige Art von Actionfilm, die wir in der Mainstream-Produktion nicht so schnell zu sehen bekommen - das System total verdorben ist, sagt man hier, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, zeigts´ bis ins Detail und geht gar so weit, dass so etwas dann nicht wie das Produkt eines verrückten Helden anmutet (Gesetz der Rache), sondern man beharrt auf dem seinigen mit der vollen Wucht der der mächtigen visuellen Muskulatur. Diese ist dann wiederum so sehr im Greengrassstil aufgemotzt und noch feingeschliffener als im Einser. Die Probleme bleiben die gleichen: Padilha ist ein brillanter Stylist, jedoch ein schlechterer Erzähler, so dass die Kadenz der Dialoge mitsamt des Informationsflusses zum Ersticken sind und ein nicht des Portugiesischen nicht mächtiger ertrinkt in sowas schon bereits. Ansonsten ist dies allseits ein zu Ende geführter Film, der mir alleine schon deshalb sympatisch ist, weil er so hart und unversöhnlich vorgeht. Eher als an Faschismus dachte ich da an Begriffe wie Anarchie. Ebenso wie beim Einser habe ich mit diesem Streifen kein einziges Problem, schon allein deswegen, weil das, was wir sehen, manchmal nicht vollends mit dem im Einklang ist, was uns da Nacimiento als Protagonist und Erzähler in einem Voice-Over entgegenbrummt. Ich habe keine Ahnung, inwieweit der Film der Realität des heutigen Brasilien entspricht, jedoch ich mache mir nicht vor, dass es lediglich ein radikaler Scherz wäre. Wir kennen ja unsere Pappenheimer.