Abgesehen von den Eishockey-Kommentatoren sind in diesen Tagen die Fleißigsten in ganz Europa wahrscheinlich die Glücklichen, die in Cannes die Stoppuhren halten und messen, wie lange die stehenden Ovationen nach dem Ende eines Films dauern. Das ist offenbar das einzige Kriterium, an dem sich ablesen lässt, wie erfolgreich ein bestimmter Film bei einem der größten Filmfestivals der Welt war. Auf Schritt und Tritt ist zu lesen, dass die erwarteten Streifen von Filmlegenden wie Kevin Costner (Der mit dem Wolf tanzt) oder Francis Ford Coppola (Der Pate, Apocalypse Now) mit sieben oder elf Minuten lang Standing Ovations bedacht wurden. Doch wenn der geneigte Zuschauer mehr über die Qualitäten der betreffenden Filme wissen will, muss er sich die Reaktionen der einzelnen Kritiker ansehen. Und die jubeln nicht mehr so sehr.
Beide Filmemacher kamen mit mit Spannung erwarteten Projekten zum Festival, in die sie selbst eine beträchtliche Summe investiert hatten, und angesichts der dicht gedrängten Filmografie dieser Filmtitanen wurden die Erwartungen in die Höhe geschraubt. Kevin Costner stellte den ersten Teil seiner Traum-Westernserie Horizon vor, in den er mehrere Millionen Dollar investiert hat und der vier Teile umfassen soll. Angesichts der ausufernden Thematik soll der erste Film trotz seiner dreistündigen Laufzeit kaum mehr als ein Abriss der Handlungsstränge von einigen Dutzend Figuren sein, die in der Saga auftauchen, ohne dass der langwierige Western einen Abschluss findet. Der Film kann also nicht für sich selbst stehen, sondern dient lediglich als Exposition, die das Publikum kaum in die Kinos locken wird. So wird der Liebhaber einer Herangehensweise der alten Welt, wie Costner es ist, schmerzlich anstoßen.
Die Reaktionen auf seinen Western waren jedoch bei weitem nicht so stürmisch wie bei Coppolas starbesetztem Film Megalopolis, der mit langem Beifall bedacht wurde, was aber vielleicht auch eine Erleichterung am Ende eines Films war, an dem mehr als vierzig Jahre lang gearbeitet worden war. Der ikonische Regisseur, der während der Dreharbeiten Statisten gezwungen haben soll, ihn zu küssen, während er sich psychoaktiven Substanzen hingab, soll zu viele Themen in das Drehbuch gepackt haben, die er nicht ganz in den Griff bekam. Die zügellose Erzählung, die mit großartigen Schauspielern aufwarten soll, wirkt daher inkonsequent und macht den Film, für dessen Finanzierung Coppola seine eigenen Weinberge verkaufen musste, zu einem misslungenen Sammelsurium. Francis hat jedoch ein anderes Projekt geplant, vielleicht kann er seinen Ruf wiederherstellen.
Der einzige, der überwiegend positive Reaktionen hervorgerufen hat, ist der australische Routinier George Miller, der auf französischem Boden ein Prequel zu seinem Action-Spektakel Mad Max: Fury Road mit dem Titel Furiosa: A Mad Max Saga vorgelegt hat. Der hemmungslose Streifen, in dem Anya Taylor-Joy Charlize Theron in der Rolle der glatzköpfigen Heldin ablöst, ist zwar nicht das, was die Fans erwartet haben, dürfte aber dennoch überraschend gute Unterhaltung bieten und beweisen, dass der Regisseur im Ruhestand immer noch in der ersten Liga des Actionfilms spielt. Freuen wir uns also, dass es zumindest einigen gelungen ist, die hohen Erwartungen zu erfüllen.
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