Die Borgias - Sex. Macht. Mord. Amen.

Ich habe nie vorgehabt, jede modische historische Serie zu sehen, aber es ist nicht abwegig, von Zeit zu Zeit den Handlungsstrang des einen oder anderen Formats zu ändern, und ich behalte Showtime-Serien immer als bessere Wahl im Hinterkopf. Eine echte Überraschung ist jedoch die Arbeit von Neil Jordan, der für mich ein undurchschaubarer Filmemacher bleibt. Ich liebe immer noch Interview mit einem Vampir, aber die meisten seiner anderen Werke haben ganz andere Stärken und sprechen ein anderes Publikum an. Und gehört Die Borgias - Sex. Macht. Mord. Amen. jetzt in eine Reihe mit Titeln wie High Spirits, The Crying Game, Breakfast on Pluto und Byzantium? Wenn wir dies analysieren würden, kämen wir wahrscheinlich zu dem Schluss, dass der unsichtbare rote Faden dieser ersten turbulenten Jahre des Papsttums unter Alexander VI. das Thema Bastarde ist. Und das ist ein traditionelles Thema für Neil: Er arbeitet an Material über Menschen am Rande der Gesellschaft, über ihre Ambitionen und Gefühle. Unter diesem Gesichtspunkt ist das also ein Volltreffer. Und so kann ich alle 3 Reihen voller Moral, Mode und Sehnsucht der Renaissance nur empfehlen. (24.06.2019)

Die erste Staffel kommt sehr langsam in Fahrt, aber nach zwei oder drei Folgen können auch die Borgias zu einer publikumswirksamen Angelegenheit werden. Der Clan klettert auf der Beliebtheitsskala nach oben, und jeder von ihnen lässt bald erahnen, dass er seinen ihren Namen nicht umsonst trägt. Kardinal Cesare, seine Schwester Lucrezia und vor allem ihr Vater, Seine Heiligkeit Rodrigo... Ein interessanter Einblick in die frühe Renaissance, wunderbare Kostüme, kurze Ausflüge außerhalb des Vatikans. Schauspielerisch überzeugen natürlich Jeremy Irons und seine beiden Frauen, die stets attraktive Joanne Whalley und die pikante Lotte Verbeek. (09.06.2019)

In zweiter Linie werden die Borgias wirklich zu der Familie, von der die Legenden sprechen. Aus der naiven, niedlichen Lucrezia wird eine gerissene, mit allen Wassern gewaschene junge Dame. Kardinal Cesare ist bereit, für die Liebe seiner Schwester und den Respekt seines Vaters wirklich alles zu tun. Das Papsttum muss um jeden Preis geschützt werden. Das Unglaubliche wird zur Realität. Natürlich gibt es auch innerhalb der Familie Probleme. Aber was mich wirklich beeindruckt hat, war der Stolz der Familie Sforza. Ihre Caterina (gespielt von Gina McKee) hat nicht viel mit anderen Frauen in historischen Sagas gemein. Auch nicht mit einer anderen Figur, der McKee ihr Gesicht lieh, der unberechenbaren Irene Forsyte... Ich freue mich schon auf den Schluss dieser Serie, denn das schleichende Böse im Schafspelz hat seine ganz eigenen Qualitäten. Obwohl, auch der Ketzer und Häretiker von Florenz hat bereits das Zeitliche gesegnet. Kommt Machiavelli zu Wort? (24.06.2019)

Das einzige Manko an Staffel 3 ist, dass es auch eine geplante Staffel 4 gab, in der wir den Fall von Rodrigo und Cesar erleben sollten. So enden wir auf dem imaginären Höhepunkt der Kräfte eines jeden in der Familie, und das Drama wird nicht zu Ende erzählt. Das Happyend für alle Überlebenden der Familie Borgia am Ende dieser Serie ist bittersüß. Die inzestuöse Liebe zwischen Cesare und Lucretia ist auf ihrem Höhepunkt, und es ist wirklich schön, ihren Hunger aufeinander zu beobachten. Einen wunderbaren Höhepunkt stellte auch die Spannung zwischen Cesare und Rodrigo dar, ein wahres antikes Drama, und was könnte schließlich stärker sein als die Beziehung zwischen Vater und Sohn, die eins sind? Es war auch eine Freude, die Hilflosigkeit der Caterina Sforza und die Intrigen der Juden von Konstantinopel zu sehen. Eine überraschende Romanze erlebte Micheletto, und noch überraschendere Intrigen bot die Situation am neapolitanischen Hof... Das war es wert. (07.07.2019)