Die Tudors

Die erste Staffel von Hirsts Die Tudors auf Showtime läutete eine neue Ära der Popularität historischer Serien für Zuschauer ein, die es gewohnt sind, mitzudenken, sich an Tabuthemen zu erfreuen und sich mutig für die besten der besten TV-Dramen zu entscheiden (neben Sho werden solche Programme seit langem von HBO und seit kurzem auch von Starz vertreten). Die Geschichte ist hinlänglich bekannt; die Verstrickungen der Familie Boleyn mit Heinrich VIII. haben das Kino von Anfang an inspiriert, von Méliès und Lubitsch bis zu Chadwick in den letzten Jahren. Legendär bleibt jedoch Kordas Nacherzählung Das Privatleben Heinrichs VIII. (1933). Wie sieht also der Königshof mit Jonathan Rhys Meyers in der Hauptrolle aus? Ursprünglich ist er einfach nur ziemlich geradlinig, glatt und ruhig (wie Catherine von Aragorn) und daher ideal für die Invasion von Boleyns Mädchen. Sam Neill und Henry Cavill sind großartig in den Nebenrollen. Das tschechische Wiki ist voll von historischen Ungenauigkeiten, aber darum ging es in erster Linie gar nicht, sondern um das allgemeine Bewusstsein für die Tudor-Kultur, die Vermenschlichung von Namen aus Geschichtsbüchern und die Anregung der Fantasie des Publikums. Und eine Leidenschaft für Intrigen und Reformation. Und davon gibt es reichlich. Der inspirierte Zuschauer liest dann auf eigene Faust weiterführende Literatur. (24.09.2017)

Die zweite Staffel hat einen stärkeren Verlauf, die Krönung von Anne Boleyn ist ein wirklich attraktives Thema, ebenso wie ihre Hinrichtung. Man muss sehr schnell schauen, dann steigt oder fällt der Adrenalinspiegel natürlich - je nach der schwindenden Position der zweiten Königin Heinrichs VIII. Die Geburt Elizabeths ist wahrhaftig prophetisch, und wie könnte es anders sein, wenn man bedenkt, dass Hirst beide Filme über ihr goldenes Zeitalter drehte. Die Szenen im Vatikan sind ebenfalls großartig, Meyers spielt, als gälte es sein Leben und wird immer ausschweifender. Und dabei erwartet ihn noch so viel! Die zerbrechliche Jane Seymour zum Beispiel. (24.09.2017)

Ich hätte nicht einmal bemerkt, dass Jane Seymour von zwei verschiedenen Schauspielerinnen gespielt wurde, so fade war ihre Rolle. Aber sie hat ihre Rolle perfekt erfüllt. Die sanfte, zerbrechliche Mutter von Edward VI., die Heinrich VIII. mit seinen Töchtern Mary und Elizabeth versöhnte. Mit ihrer Geburt erreichte die Qualität der gesamten Serie einen verfrühten Höhepunkt, und die Tudors verloren eine Zeit lang ihren Charme. Mit der Trauer um Jane kam aber auch die Notwendigkeit, eine Brücke zu Ehefrau Nr. 4 zu schlagen - zur deutschen Prinzessin Anna von Kleve. Es war wahrscheinlich eine gute Entscheidung, sie mit der Sängerin Joss Stone zu besetzen, und sei es nur, um den Eindruck zu erwecken, dass sie wirklich fehl am Platz ist. Warum nach den wirklichen Gründen suchen, warum sie nicht willkommen war, wenn Catherine Howard (die gefährlich aussehende Teenagerin Tamzin Merchant aus Salem) bereits im Nebenzimmer wartete, oder? Und wer war sonst noch großartig, und mit wem wird es in der nächsten Staffel nicht weitergehen? Natürlich James Frain (True Blood) als Thomas Cromwell, versteht sich. (30.09.2017)

Die abschließende Rochade zwischen den Königinnen Heinrichs VIII. hat mir das Herz gebrochen. Catherine Howard ist nur ein zerbrechliches Küken, Anna von Kleve beginnt zum ersten Mal nach der Unabhängigkeit populär zu werden... Töchter aus früheren Ehen reifen für ihre herrschaftlichen Aufgaben, bis schließlich die reife Catherine Parr, gespielt von meiner Lieblingsspielerin Joely Richardson (Nip/Tuck), das ganze Chaos auflösen muss. Wenn jemandem der Tudor-Hof bis zur 4. Staffel nicht ans Herz gewachsen ist, hat er ein Herz aus Stein. Und natürlich könnte ich mir vorstellen, dass sich das gleiche Thema durch sechs oder mehr Staffeln zieht, schließlich geht es um den Vater von Heinrich VIII. und die Tatsache, dass sein Interesse an den Boleyn-Mädchen bereits mit deren Mutter begann... und am anderen Ende dauerte es, ehe sich Edward VI., Bloody Mary und Elizabeth I. abwechselten. Kurzum, es ist ein inspirierendes Stück Geschichte. (30.09.2017)