Blaues Blut und Bierrebellen - 100 Jahre Bayern

(Fernsehfilm)
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Deutschland, 2018, 15 min

Regie:

Ursula Hopf

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Schlösser und Bier, Lederhosen und Blasmusik: Das ist typisch Bayern! Heimatverbundenheit wird besonders gelebt, gleichzeitig sind viele Menschen dort aber auch besonders weltoffen. Vor 100 Jahren wurde Bayern zum Freistaat. Wie lebt die Ururenkelin des damals entmachteten Königs heute? An vielen Orten in Bayern scheint die Tradition Quelle für Neues: In Franken brauen Frauen Bier, am Tegernsee tragen trendbewusste Teenager Lederhosen. Atemberaubende Schlösser vor beeindruckender Bergkulisse: In Bayern gibt es allein über 130 königliche Burgen und Residenzen. Eine ganz besondere steht am Tegernsee. Hier lebt Herzogin Anna in Bayern. Sie wohnt zwar in einem Schloss, ist aber trotz adeliger Vorfahren keine Herrscherin mehr sondern eine moderne Unternehmerin. Die 40-Jährige führt die Tegernseer Brauerei, renoviert alte Gasthäuser und öffnet das Schloss für Events. Die bayrische Monarchie lebt nur noch in der Erinnerung an ihren Ururgroßvater, König Ludwig III., der vor 100 Jahren abdanken und das Land verlassen musste. Im November 1918 schaffte der Berliner Publizist und Politiker Kurt Eisner mithilfe bewaffneter Soldaten den politischen Umsturz und das nahezu ohne Gegenwehr. Eisner verkündete: "Bayern ist fortan ein Freistaat."
Herzogin Anna lebt diese Freiheit, weltoffen und bodenständig zugleich: "Ich liebe unsere bayrische Tradition, aber damit sie weiterlebt, muss man sie behutsam unserer Zeit anpassen." Tradition hat in Bayern einen besonders hohen Stellenwert. Vor allem Bier war stets Männersache. So kam es fast einer Revolution gleich, als zwei Frauen aus Franken sich am Bier vergriffen. Als Kinder haben sie schon am Bierschaum genascht, Hopfen und Malz waren im elterlichen Brauereibetrieb so etwas wie Grundnahrungsmittel. Später fiel ihnen auf: Männer trinken Bier, Frauen Prosecco. Als gelernte Bierbrauerinnen entwickelten sie deshalb ein "Bier von Frauen für Frauen". Dem Malz mischen sie Champagner-Hefe bei, und Hopfensorten mit Fruchtaromen wie Mandarine und Pfirsich. Das Bier der "Hopfenfeen", wie sich die Schwestern nennen, ist aber kein leichtes oder süßes. Die handgemachten "Craft-Biere" haben meist mehr als sieben Prozent Alkohol. Im Bierland Franken wurden die Braurebellinnen zunächst skeptisch beäugt, jetzt aber sind sie geschätzte Bier-Botschafterinnen, wie Hopfenfee Gisela Meinel-Hansen es erlebt: "Vor 100 Jahren gab es bei uns in Hof noch 12 Brauereien, heute nur noch zwei.
Mit neuen Sorten und neuem Image wollen wir unsere Brauerei in die 14. Generation retten." Garnelen aus Bayern mit Safranschaum und Minz-Bulgur - eine Spezialität im Münchner Restaurant von Ali Güngörmüs. Mit zehn Jahren kam er mit der Familie aus Ostanatolien nach München. Vater Gastarbeiter, Mutter Analphabetin. Mit 14 lernte er Koch in einem typischen Münchner Wirtshaus. "Mit hunderten Schweinsbraten fing alles an, auch meine Integration", erzählt der erfolgreiche Sterne- und Fernsehkoch. Heute mixt er bayrische und türkische Zutaten. Es duftet verführerisch nach Minze und Kardamom. Vom Fenster sieht er auf ein Denkmal Kurt Eisners, der vor hundert Jahren die Revolution in Bayern ausrief und in dieser Straße erschossen wurde. "Die Münchner heute sind friedfertig und besonders aufgeschlossen, sie holen sich das Beste von überall her", sagt Ali Güngörmüs auf dem Viktualienmarkt, wo er bayrisches Gemüse und türkische Spezialitäten einkauft. Ali Güngörmüs erlebt jeden Tag, wie die Menschen in Bayern bei aller Liebe zu Heimat und Tradition auch das Neue schätzen - und nicht zuletzt ihre Freiheit. Das erkannte schon Kurt Eisner vor 100 Jahren, Berliner Gründervater des Freistaates: "Die Leute in Bayern sind viel freiheitlicher gesinnt, weil ihnen die preußische 'Überdisziplin' fremd ist." (ZDF)

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