Kinogeschichten

(Serie)
  • Frankreich Histoire de cinéma

Inhalte(1)

Folge 1: Romanverfilmungen Ein guter Roman ist fast schon ein fertiger Film – dieses Sprichwort ist so alt wie die Verbindung zwischen Kino und Literatur selbst. Noch heute suchen viele zeitgenössische Regisseure in literarischen Texten nach Ideen und Material für ihre Filme. Und was sich als Buch gut verkauft, hat beste Chancen, auch als Film erfolgreich zu werden. Hinzu kommt, dass der Verkauf von Filmrechten für einen Schriftsteller oft die einzige Möglichkeit ist, ausreichend Geld zu verdienen. Das weiß auch die Filmindustrie. Warum selbst eine Story erfinden, wenn die Literatur einen scheinbar unerschöpflichen Vorrat an Geschichten bietet? Manchen Filmemachern gelingt es, dem literarischen Ausgangsmaterial eine eigene Lesart hinzuzufügen. Zu den herausragenden Beispielen zählen Luchino ViscontisTod in Venedig“, Stanley KubricksLolita“, Volker SchlöndorffsBlechtrommel“, Raoul Ruiz‘Die wiedergefundene Zeit“ und Pascal FerransLady Chatterley“.
Solche literaturbegeisterten Regisseure adaptieren große Werke fürs Kino, weil sie sie als Leser lieben und sich eingehend mit ihnen befasst haben. Andere wie Mathieu Amalric wenden sich Romanen aus ganz anderen Gründen zu: Sie finden einfach ihr eigenes Leben viel zu langweilig, um daraus einen Film zu machen. Der französische Autor Yann Moix – wie vor ihm bereits Jean Cocteau, Marcel Pagnol, Sacha Guitry und Marguerite Duras – ist Schriftsteller und Regisseur zugleich. Dass Autoren häufig Cineasten sind, dieses Phänomen gibt es bis heute, und die verschiedenen Resultate können sich sehen lassen. Diese Folge der Reihe „Kinogeschichten“ bietet anhand von Filmausschnitten, Archivaufnahmen und Interviews aus verschiedenen Ländern und Epochen eine spannende Reise durch die Geschichte der Literaturverfilmungen.

Folge 2: … aus dem wahren Leben Von Jack the Ripper über den Zodiac-Killer und den „Vampir von Düsseldorf“ bis hin zum Mordfall Jean-Claude Romand – immer wieder inspirieren Meldungen über wahre Verbrechen die Filmgeschichte. Bereits Anfang der 30er Jahre interessierten sich zwei der größten Filmemacher des 20. Jahrhunderts für solche Kriminalfälle. In „Der Mieter“ widmete sich Alfred Hitchcock einem der faszinierendsten und geheimnisvollsten Verbrecher überhaupt: Jack the Ripper. Wenige Jahre später diente der „Vampir von Düsseldorf“ Fritz Lang als Vorlage für „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“. Seither bedient sich das Kino der großen Kriminalfälle, durchfortstet die Zeitungsmeldungen nach Serienmördern und niederen menschlichen Trieben. Warum sind Filmemacher so fasziniert davon? Und: Was verraten diese Filme über unsere Gesellschaft? Sie sind offenbar deshalb so packend, weil in ihnen das Alltägliche ins Grausame oder Obszöne verkehrt wird. Der Zuschauer kann sich in die Person hineinversetzen, die Angst hat, und gleichzeitig in die, die Angst macht. Solche Verbrechen werden als Indikator für eine Gesellschaft gesehen, um die es schlecht steht, und als Mittel des Kinos, über die moderne Welt nachzudenken. In „Kinogeschichten“ spricht Frédéric Bonnaud mit Nicole Garcia, den Dardenne-Brüdern, Laurent Cantet, Cédric Anger, Joachim Lafosse, Romuald Karmakar und Roberto Turigliatto über ihre Passion für Kriminalgeschichten aus dem realen Leben.

Folge 3: Sexgeschichten Lange wurde bei Liebesszenen im Film das Licht ausgeschaltet. Filme mit „eindeutigem Inhalt" waren kleinen, privaten Kreisen von Kennern vorbehalten oder dienten lediglich dem Interesse von Bordellkunden. Sehr schnell arrangierte sich die Zensur-Kultur; und die wenigen erotischen Kühnheiten der 20er Jahre blieben eine ferne Erinnerung. Jahrzehntelang musste immer wieder der Schein eines Holzfeuers herhalten denn die Zuschauer wollten Leidenschaft sehen, ohne dass diese zu anstößig oder verrucht wirkte. Erst dank der wagemutigen Filme von Ingmar Bergman und Louis Malle in den 50er-Jahren, als auch der anschließenden sexuellen Revolution in den 70ern, konnte der Film eines der letzten Gebiete erobern, das ihm noch Widerstand leistete: die menschliche Sexualität.
Warum aber löst die explizite Darstellung von Sex auf der Leinwand noch heute Polemiken aus, obwohl man praktisch jederzeit per Mausklick allerlei Nacktbilder ansehen kann? Weshalb verzichten Regisseure traditioneller das heißt „für Jugendliche freigegebener" Filme auf Sexszenen? Sollte der Autorenfilm bei Sexszenen auch heute noch das Licht ausschalten? Oder ist die Darstellung von Sex abseits der Pornografie für große Künstler ganz im Gegenteil eine unerschöpfliche Quelle der Herausforderung? In der dritten Ausgabe von „Kinogeschichten" spricht Frédéric Bonnaud mit Paul Verhoeven, Bernardo Bertolucci, Catherine Breillat, Bertrand Bonello, Alain Guiraudie und Bertrand Blier über die Darstellung von Sex auf der Leinwand.

Folge 4: Im Zentrum der Macht Auf den ersten Blick wird die politische Macht im französischen Kinofilm ziemlich selten dargestellt. Nur ein einziges Mal wagte man bisher, den ehemaligen französischen Staatspräsidenten François Mitterand zum Protagonisten eines Spielfilms zu machen: in „Letzte Tage im Elysée“ (2005) von Robert Guédiguian. 1984 tauchte in Francis Girods Filmdrama „Le bon plaisir - Eine politische Liebesaffäre“ allerdings auch schon einmal ein französischer Staatspräsident auf, glänzend dargestellt von Jean-Louis Trintignant. Pierre Schoeller dagegen setzte in seinem Film „Der Aufsteiger“ (2011) auf die reine Fiktion, um das Thema der Machtausübung darzustellen. Eine glaubwürdige Fiktionalisierung der Exekutive gelang auch dem Dänen Adam Price, dem Ideengeber und Hauptautor der dänischen Fernsehserie „Borgen - Gefährliche Seilschaften“ (2010–2013).
Mit einem moralischen Anliegen setzten sich kürzlich auch drei bedeutende europäische Filmregisseure auseinander: Roman Polanski („Der Ghostwriter“, 2010), Armando Iannucci („Kabinett außer Kontrolle“, 2009) und Bertrand Tavernier („Quai d’Orsay“, 2013). Ihnen geht es um die Lüge, die zum Irakkrieg mitsamt seiner verheerenden Folgen führte. Manchmal wollen Filmemacher auch zur Wurzel des Übels vordringen, um zu verstehen, in welchem Moment Ansätze von Demagogie und Populismus in ihrem eigenen Land hochkommen. In „Der Tag, an dem die Nacht kam“ (2003) rekonstruierte der Italiener Marco Bellocchio die Geiselhaft Aldo Moros und fuhr schweres Geschütz gegen die gesamte politische Klasse Italiens auf. Die durch Moros Ermordung ausgelöste unumkehrbare Krise bereitete letztendlich den Weg für die Machtübernahme Berlusconis, der in Nanni Morettis Komödie „Der Italiener“ (2006) aufs Korn genommen wurde. Hier diente der Spielfilm als politische Waffe. (arte)

(mehr)

Galerie (14)