Tiere, die mit ihren Reizen geizen

(Fernsehfilm)
  • Frankreich La Beauté cachée des laid
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Frankreich, 2022, 2x43 min

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Folge 1: Aussehen ist nicht alles Von Menschen als abstoßende Kreaturen abgetan und verteufelt, ist ihr Aussehen für diese Tiere sogar von besonderem Nutzen. Hässliche Zeitgenossen wie Wolfsspinnen, Schlangen, Raupen, der Titicaca-Riesenfrosch oder auch der in Larvenform lebende Grottenolm gelten als ausgesprochen hässlich. Viele von ihnen sind seit Jahrhunderten mit Mythen und Legenden, Vorurteilen und Stigmata behaftet. So ist die Schlange seit dem biblischen Sündenfall verpönt und Fledermäuse werden mit der Sage um Dracula assoziiert. Je weniger sie dem Menschen ähneln, desto größer der Abscheu. Die Ethologin Marie Trabalon weiß warum: „Wir Menschen tendieren einfach dazu, uns vor Sachen zu fürchten, die wir nicht kennen und die wir nicht verstehen.
“ Doch einige Wissenschaftler haben sich gerade diesen selbst von der Forschung weitgehend unbeachteten Sonderlingen verschrieben, um ihre überraschenden Eigenschaften zu untersuchen und bekannt zu machen. „Der Schlüssel, um gegen Entomophobie – also die Angst gegenüber Insekten – anzugehen, ist Bildung. Man muss den Leuten einfach die Faszination der Natur und die Schönheit hinter der von ihnen empfundenen Hässlichkeit oder Seltsamkeit zeigen“, so der Biochemiker Felix Feistel. Die breite Öffentlichkeit für diese Tiere zu sensibilisieren, ist allerdings kein Leichtes. Sie haben weder prächtige Pelze noch niedliche Augen, majestätische Hälse oder possierliche Tatzen. Dabei können sie Löwe, Nashorn & Co. in Sachen Biodiversität durchaus das Wasser reichen.

Folge 2: Allem Anschein zum Trotz Der Schweizer Gelehrte Johann Kaspar Lavater machte im 18. Jahrhundert die Physiognomik populär: eine Pseudowissenschaft, die aus dem Aussehen, insbesondere dem Gesicht, von Personen Schlüsse über ihren Charakter ziehen will. Lavater war jedoch ziemlich auf dem Holzweg, denn seine Theorien treffen weder beim Menschen noch in der Tierwelt zu. Man sehe sich nur die Saiga-Antilope, den Pyrenäen-Desman, die Hufeisennase, das Neunauge, die Geierschildkröte und den Waldrapp an. All diese Tiere haben eins gemeinsam: ihre hässliche Visage. „Meerneunaugen gehören in die Top Ten der Tiere mit bizarren Gesichtern. (…) Zudem haben sie ein scheibenförmiges Maul, das an einen Vampir erinnert. Was der kollektiven Fantasie eine weitere beunruhigende Dimension hinzufügt. (…) Diese Art existiert seit Hunderten Millionen Jahren. Sie hat Krisen und Massenaussterben erlebt und überlebt. Und doch schaffen wir es in nicht einmal 60 Jahren, in denen die moderne westliche Gesellschaft existiert, solche Arten auszurotten“, so der Forscher Thomas Trancart. Der Herpetologe Luke Pearson sagt: „Ich würde manche Geierschildkröten durchaus als Monstrum bezeichnen, denn sie sind riesig. Monstrum im Sinne eines beeindruckenden Tiers. Aber manche Leute verwenden den Begriff, um Angst zu schüren. Die Leute haben Angst vor der Schildkröte und verkennen sie – doch in diesem Sinne sind die Schildkröten eben keine Monster (…) Schauen Sie sich nur einmal ihre Augen an! Die Augen sind das Fenster zur Seele. Und sie haben ein perfektes Sternmuster im Auge, umgeben von Wimpern (…) Manche Teile der Geierschildkröte kann man durchaus als schön bezeichnen.
“ Johannes Fritz, Leiter eines Projekts zur Wiederansiedlung des Waldrapps in Europa: „Der Waldrapp ist durchaus eine Erscheinung mit ungewöhnlichem Aussehen. Man könnte sagen, es ist eine hässliche Art. Ich würde eher sagen, eine charismatische Art. Vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig, mit diesem nackten Kopf, diesem metallisch scheinenden Gefieder, also durchaus auch attraktiv.“ Das Aussehen dieser Tiere ist ungewöhnlich, erfüllt jedoch bestimmte Funktionen und hat sich im Zuge der Anpassung an die Umwelt entwickelt. Die Saiga-Antilope braucht ihre große Schnauze, um den Staub aus der Luft zu filtern und die Bronchien freizuhalten. Die lange Nase des Ameisenbären und der Rüssel des Pyrenäen-Desmans dienen den Tieren zur Nahrungsaufnahme. Und die Hufeisennase benutzt ihr besonderes Geruchsorgan, um Schallwellen zu empfangen und sich ein dreidimensionales Bild von ihrer Umgebung zu machen. Jedes noch so hässliche Gesicht hat einen Sinn und ermöglicht es den Tieren, sich im Laufe der Evolution an schwierige Umgebungen anzupassen und zu überleben. (arte)

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