Marigold

Er ist 21 Jahre alt und hat einen Film über Liebe gedreht, geschrieben und auch hierin gespielt. Das anfängliche doofe Grinsen darüber, was denn ein solcher Jungspunt über Filme und ernste Themen wissen könnte, ändert sich allmählich zu völliger Verzauberung. Die Herzensbrecher sind eine ausgefeilte Angelegenheit, sei es mit ihren visuellen Pop-Art-Dialogen oder gut angelernten Dialogen. Das Generationsstatement über zeitgenössische Formen der Liebe verläuft in einem modernen Rhythmus, ironisiert sich selbst und arbeitet mit einer nachdenklichen und eingängigen Sprache an Farben sowie musikalischen Motiven. Ein anspruchsvoller und unheimlich offener Film, der im Gegensatz zu pseudoschockierenden Aussagen über moderne Ausschweifungen bis ins Knochenmark hineinreicht. Ohne Kontroversen und jugendliche Bemühungen zu empören. Dafür, dass ich doch schon eine Generation davon entfernt bin, hat mich der Film schließlich auf bemerkenswerte Weise beeindruckt.

Die besten, zynischsten und ausgefeiltesten Coens seit The Man Who Wasn't There. Ein wunderbar unaufgeregter Film über einen Pechvogel, den Gott sehr liebte und ihn deshalb in vielen Widrigkeiten heimsuchte... Eine jüdische Anekdote mit einem absolut bestialischen Schluss.

Das Gefühl von Falconers Erinnerungen sowie das plötzliche Entfachen an der Schwelle einer vollständigen und zerstörerischen Einsamkeit ist daher letzten Endes selbst im Rahmen des Möglichen suggestiv. Fords Film bräuchte weniger Modedesign und mehr Poetik. Bei alledem visuellen Arrangement und Bearbeitung entgeht nämlich Ford vor der Kamera paradoxerweise gewissermaßen genau das, was Firths Held geradezu austeilen könnte - Impulsivität, Weitsicht und unprätentiöse Tragik. Es war, als hätte ein richtiger Mann mit einem glattgebügelten Manekin zu tun, wobei sie Stärke der Geschichte in der Zwischenzeit sich zu einer Art Posterstarrheit verwandelte und damit verschwand.

Ein Versagen des Filmemachers gargantuösen Ausmaßes. Ein Film, in dem die Kategorien der Charaktere, Zeit und Raum fatal zusammenbrechen (die im Einser so präzise aufgebaut sind und vor allem perfekt funktionieren). Was bleibt ist nur eine formlose und unkonzeptionelle Mischung an Aufnahmen, die oftmals jedweder Logik und rationaler Absicht entbehren. Das Werk der Zerstörung wird vollendet durch eine unheimlich monotone Musik, eine altväterlich anmutende Kameraführung sowie die Schnittarbeit in Kampfsequenzen, das bedauernswerte Nichtschauspielern von Nikitas geliebter Naděžda und die zum Verzweifeln fehlenden Meinungen und jegliche Kommunikation. Michalkov kann gut und gerne dahinreden, was er mit diesem Film hat erreichen wollen (Güte, Gott, Metaphysik des Krieges), jedoch die Tatsache bleibt, dass er nur die absolute Negation seines einst in Generalmanier entscheidungssicheren und disziplinierten Stils erreicht hat. Das Paradoxon hätte nicht schlimmer sein können - je mehr Aufnahmen der Film hat, desto mehr stechen seine Hilflosigkeit und Leere hervor. Ich habe auf die längere Version gewartet und lege für diese Aussage meine Kopf hin.

Die weichgekochtesten Klischees, die in Quacksalbern über das Raum-Zeit-Kontinuum und Kausalität verhüllt sind, werden in einer im Bollywood-Stil aufgeblähten Umhüllung serviert. Meiner Ansicht nach ist dies eine aufgeblasene, langweilige Blase, von welcher nach dem Zusammenbrechen nichts als der Mief erfreulicher Sätze oder unterwürfiger Witze über das Leben und überhaupt übrigbleibt. Wir können dies mit The Fountain - Quell des Lebens vergleichen, mit Vergiss mein nicht!, mit dem Butterfly Effect... im Vergleich zum ersten, fehlt es dem Film Ein Mann, drei Leben – Mr. Nobody an Visuellem und Schauspielerischem, im Vergleich zum zweiten fehlen die Ideen und im Vergleich zum dritten fehlt es an Spannung. Ein Film, welcher das Leben zu einem Spielplatz erklärt, jedoch selbst anstatt zu spielen etwas vorgibt, was er nicht sein kann. Nein, Danke.

Die surreale Schwarz-Weiß-Metapher zeigt in einem unerbittlichen Licht die zeitgenössische Manager-Welt und den wahren russischen Luxus auf Estnisch. Hier wird blasphemisch eine neue Version über die Legende eines Heiligen mit einer kompromisslosen Absurdität und einer zuschauerisch äußerst anspruchsvollen Form verknüpft. Heraus kommt hierbei ein schwer erreichbares, innerlich jedoch sehr reichhaltig und reiches Netz an Symbolen und Bedeutungen. Zutritt verboten für Ottonormalzuschauer, wärmstens empfohlen für Filmdevianten. [MFF KV 2010]

Der preisgekrönte Film von Michael Noer und Tobias Lindholm namens R begibt sich in die Umgebung eines dänischen Gefängnisses, wohin sich auch die Haupthelden von Vinterbergs Submarino wagen. Dieser Film wird zurecht mit Einem Propheten vergliche, wobei der französische Streifen im Bezug auf Rohheit, Verschlossenheit und Direktheit Oberhand gewinnt. Der erschreckend authentische Blick auf das Schicksal zweier junger Männer, die regelrecht vorbestimmt sind, um von wilden Kriminellen zerfetzt zu werden sollen, besticht dank einer brillanten Kamera, eines einfühlsamen Schauspielerei sowie einen minimalistischen Soundtrack. Wirklich ein erstklassiger Genrefilm mit einem sehr bitteren Nachgeschmack. [MFF KV 2010]

Thomas Vinterbergs Film Submarino ist ein hartes soziales Drama über zwei Brüder, die sich bemühen, ein Kindheitstrauma am Stadtrand von Kopenhagen zu überwinden. Die kultivierte gedrehte und äußerst emotionsgeladene Geschichte erinnert mit ihrer inneren Stärke erinnert daran, dass der Autor das Dogma 95 mit kreiert hat. Wom rohen Manifest weicht man hier jedoch in Anbetracht mit einer verwobenen Rahmenhandlung, einer reichhaltigen musikalischen Untermalung sowie stilisierten Bildern ab. Es handelt sich um eine emotional verheerende Erfahrung, die glücklicherweise ihren Weg in die tschechischen Kinos findet und das aktuelle Highlight des Filmfestivals in Karlsbad darstellt. [MFF KV 2010]

Die grönländische Kino steckt noch in den Kinderstiefeln, denn der Film Nuummioq, der beim diesjährigen Sundance erfolgreich aufgeführt wurde, ist der überhaupt erste Film von dieser Insel. Das bahnbrechende Wandern ist ihm sowohl seitens der technischen Komponente als auch beim gewissermaßen etwas unausgeglichenen Drehbuch deutlich erkennbar. Zimmermann Malik erfährt von seiner unheilbaren Krankheit, jedoch aufgrund seiner Verschlossenheit ist er nicht in der Lage dazu, seinen Kummer anderweitig zu teilen, als sich auf den Weg durch die raue Landschaft Grönlands zu machen. Die alttestametnlich strengen Aufnahmen im Freien sowie die Nicht-Schauspieler erscheinen dank der erwähnten Unvollkommenheit noch menschlicher, wobei das Ergebnis ein unverwechselbarer und angenehmer Film ist, welcher über die Persönlichkeit der Menschen in Grönland mehr als genug enthüllt. [MFF KV 2010]

Der niederländische Filmemacher John Appel hatte mit dem Phänomen des Glücksspiels persönlich zu tun, sowohl er selbst, als auch in Form seines Vaters. Die subjektiv gefärbte Aussage The Player führt den Betrachter auf eine sehr kultivierte Weise in das Reservat der Menschen ein, für welche das Risiko eine Droge und ein unvorhersehbares Zuhause ist. Der Autor verwebt mehrere spezifische Geschichten zeitgenössischer Gambler mit den Erinnerungen an seinen Vater, einen Spieler, der nahezu an den tschechischen Schriftsteller Hrabal erinnernde romantische Neigungen hatte und liebte es, die Realität zu verzerren sowie Törichtes zu machen. Schöne und handwerklich gelungene Erfahrung. [MFF KV 2010]