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Verrechnet oder verraten? – Flucht über die dänische Botschaft (E03)

(Folge)
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Deutschland, 2022, 44 min

Besetzung:

Hubertus Meyer-Burckhardt (Erzähler)

Inhalte(1)

Vier Uhr morgens, am 9. September 1988 machten sie sich von Ilmenau im heutigen Thüringen auf den Weg: sieben Männer, sechs Frauen und fünf Kinder. Ihr Ziel: die dänische Botschaft in Ost-Berlin. Schlaflose Nächte lagen hinter ihnen, eine ungewisse Zukunft liegt vor ihnen – und die Hoffnung, vielleicht doch noch in den Westen ausreisen zu dürfen. Seinen ersten Ausreiseantrag stellte Wolfgang Mayer, der Kopf der Gruppe, bereits 1986. Er und die anderen erwachsenen Mitglieder der Gruppe litten wegen ihrer Ausreiseanträge seit Jahren unter Berufsverboten, Ausgrenzung und Diskriminierung durch die DDR-Behörden.
Kurz nach 11 Uhr betraten die Familien nach und nach in kleinen Gruppen das Botschaftsgebäude. Der Weg führte über den Eingang der Komischen Oper. Der Botschafter ließ sich nicht blicken, als seine Vertretung erschien der diensthabende Botschaftsrat. Der erste spontane Versuch, die DDR-Bürger der Botschaft zu verweisen, schlug fehl, die Familien blieben. Für die Gruppenmitglieder ging es um das Timing. Seit Jahren hatten sie auf den richtigen Zeitpunkt gewartet, nun schien er gekommen. Denn wenige Tage später, am 13. September, sollte der dänische Ministerpräsident Poul Schlüter der DDR und ihrem Staatschef Erich Honecker einen Staatsbesuch abstatten. Das „Neue Deutschland“ titelte später von „Ausbau und Vertiefung der Zusammenarbeit“ zwischen der DDR und Dänemark. Der Termin, so die Hoffnung der Gruppe, würde den außenpolitischen Druck auf die DDR und damit die Chancen einer Bearbeitung ihrer Ausreiseanträge von hoher, von kompetenter Stelle vorantreiben. (ARD)

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